Dienstag, 3. November 2009
Anekdoten II
Ausländer

Um die Ausländer in Changchun ranken sich viele Legenden und Mythen. Viele kommen und gehen. Sie hinterlassen nicht ihre Namen, sondern lustige Geschichten, die ihre Anwesenheit bezeugen. Hier meine Favoriten:

Ein namenloser Schotte hat sich sein Denkmal gesetzt, indem er den Manager des örtlichen McDonalds mit einem Feuerlöscher eingesprüht hat. Keiner kennt den genauen Grund seines Verhaltens. Bekannt ist nur, dass er den Laden zur Hauptgeschäftszeit enterte, an den wartenden Kunden vorbei stürmte und das Feuer auf den Chef eröffnete. Dieser stand gerade mit anderen Mitarbeitern am Empfangstresen. Natürlich erwischte er nicht nur den Manager. Daraufhin erhielt er Hausverbot, was ihm aber egal gewesen sein dürfte - schließlich war er ja schon wieder mit einem Bein in Schottland.

Die zweite Legende handelt von einem Deutschen, einem VW und einem Taxifahrer. Der Deutsche, ein VW-Mitarbeiter, wollte nach einer durchzechten Nacht nach Hause. Er rief sich ein Taxi, einen VW Jetta. Der Fahrstil des Taxifahrers brachte den Deutschen derart auf die Palme, dass er ihn zum Anhalten zwang, vom Fahrersitz zerrte und am Straßenrand stehenließ. Er lenkte dann den alten Jetta selbst nach Hause und parkte direkt vor seiner Haustür. Dort fand die Polizei das gestohlen gemeldete Vehikel am nächsten Tag. Der Deutsche wurde des Landes verwiesen und ward nie mehr gesehen.

Über mein eigenes Denkmal in Changchun muss ich mir noch Gedanken machen. Die beiden Herren sind auf jeden Fall nur schwer zu toppen, finde ich.

Dangerous

Diese Woche stehen Berufe bei mir auf dem Lehrplan. Ich stelle bestimmte Tätigkeiten vor und krümel so ganz nebenbei neue Vokabeln aus der Tasche. Am Ende dann immer die obligatorische Frage: 'Wer von euch will ein Feuerwehrmann, eine Schauspielerin, eine Ärztin, ein Holzfäller etc. werden?' 'No Teacher. Too dangerous!', ist die immer gleiche Antwort in allen Klassen. Genauso verhält es sich mit Mechanikern, Friseueren, Schauspielern, Astronauten, Taxifahrern, Kassierern, Lehrern, Managern, Klempnern, Maurern und Musikern. Auch Köche leben gefährlich. Wie leicht kann man sich doch die Hand beim Gemüseschnibbeln abhacken.
Unter den Schülern scheint das auch so eine Art Running Gag geworden zu sein. Gehe ich jetzt über den Schulhof, höre ich nicht mehr nur 'Hello Teacher' sondern häufig auch 'Hey Teacher. It's very dangerous!'.

Außerdem wird es langsam Winter:

Passende Kleidung gibt's hier. die Laune der Puppen passt zur Jahreszeit - und zur Mode.

...auch darf mann/frau die passende Unterwäsche nicht vergessen.



Montag, 28. September 2009
Anekdoten
Ärzte im Praktikum

Neuerdings tragen die Pförtner, die das Schultor bewachen, strahlend weiße Kittel. Sie sind nun nicht mehr nur Herren über das Rolltor, sie sind auch Ärzte, ausgestattet mit einem Fieberthermometer. Damit nehmen und dokumentieren sie die Körpertemperatur eines jeden, der das Schulgelände betritt. Das geht ganz flott. Das Gerät wird nur kurz vor die Stirn des zu Testenden gehalten und schon erscheint auf einem kleinen Display die Temperatur. Schweinegrippe grassiert. Panik herrscht. Andere Schulen wurden bereits geschlossen. Auch tragen viele in diesen Tagen einen Mundschutz, gerne über das ganze Gesicht gezogen. An mir geht der ganze Grippehype irgendwie vorüber - bekomme von der Hysterie nur wenig mit. Die Zeitungen kann ich nicht lesen und den anderen Ausländern ist das alles egal. Also wird auch nicht drüber geredet. Außerdem bin ich wohl nach wie vor schweinegrippefrei, denn bisher durfte ich das Tor noch jedes Mal passieren.


Schlägerei, Ehestreit, Unfall

Kürzlich kam es direkt vor dem Schultor zu einer Schlägerei. Offen ausgetragede Agressionen sind in China eigentlich selten, aber manchmal platz wohl jedem mal der Kragen. Es gingen jedenfalls zwei Männer mit Fäusten aufeinander los. Das bemerkenswerte an dieser Geschichte ist allerdings nicht so sehr die Schlägerei als solche, sondern vielmehr das Verhalten der Passanten. Völlig unverblümt bleiben sie stehen und gucken sich das Spektakel an. Auch die Bus- und Taxifahrer auf der stark befahrenen Straße hielten einfach an, um sich die Auseinandersetzung anzuschauen. Sie lösten dabei einen Stau aus.

Ähnliches konnte ich bei einem Ehestreit beobachten. Eine laut ausgetragende Pöbelei auf einem Supermarktparkplatz. Alle blieben stehen und hörten sich das Geschrei an. Den Streitenden ist das offenbar egal. Ich habe den Eindruck, je mehr Publikum sie bekommen, desto lauter werden sie. Irgendwann rennen die beiden wutentbrannt auseinander und die Leute gehen weiter ihrer Wege - ob sie das eben Gehörte noch diskutieren, kann ich natürlich nicht sagen.

Auch konnte ich dieses Verhalten vor kurzem in Zusammenhang mit einem Autounfall beobachten. Soweit ich das überschauen konnte, gab es keine Verletzten aber beträchtlichen Sachschaden. Wieder das gleiche Bild. Der Ort des Geschehens wird sofort von Schaulustigen umringt. Sie schauen sich die streitenden Fahrer an, die gerade dabei sind, die Schuldfrage zu klären. Die beiden lassen sich von der Menge aber überhaupt nicht beeindrcken. Auch hier wird ein beträchtliches Verkehrschaos durch das Publikum verursacht.

Mann kann hier seine voyeuristischen Neigungen (Neugier) also voll ausleben - schließlich steckt doch in jedem von uns ein Gaffer, oder?

knipswütig

Auf meiner Wanderung durch den Changbai Shan wurde ich von einer Chinesin namens Queen begleitet. Bis zum atemberaubend schönen Himmlischen See war sie noch bester Laune. Nach ein paar Fotos stellte sie allerdings fest, dass ihr Akku für ihre Kamera leer ist. Von da an war der Ausflug für sie gelaufen. Ich habe beobachtet, dass viele Touristen (eigentlich fast alle) die Umgebung dort nur durch ihre Linse wahrnehmen. Sie halten auch nicht kurz inne und lassen die Umgebung auf sich wirken. In Pose werfen, Foto machen und sofort weiter zum nächsten Hotspot. Irgendwann sagte ich zu Queen, dass sie doch auch so den herrlichen Ausblick genießen könne. Sie schnaubte nur verächtlich.
Ihrer Meinung nach, ist meine Kamera von minderer Qualität. Also war mein Angebot, sie in den für meine Begriffe merkwürdigen Posen vor den Sehenswürdigkeiten zu knipsen und ihr die Fotos später zu schicken in ihren Augen zwar gut gemeint, aber ihren Tag retten konnte es auch nicht.