‚Schulstress ist mein Alltag’
Ni hao ihr alle! Mein Name ist Yi Meng. Ich wohne in Changchun. Hier ist es eigentlich ganz schön aber mein Alltag ist manchmal ziemlich anstrengend - schließlich gehe ich zur Schule. Und das auch noch in China. Wir müssen viel lernen und ich bin deshalb oft müde und kaputt. Trotzdem habe ich auch manchmal Spaß. Ich beschreibe mal, wie es bei uns in der Changchun Foreign Language School so zugeht:

Wie jeden Tag werden wir auch montags um 6.00 Uhr geweckt. Dann stehen wir auf, frühstücken und gehen rüber in die Klassenräume auf der anderen Seite des Schulgeländes. Ich teile mir ein Zimmer mit drei Freundinnen im Wohnheim für Mädchen. Das von den Jungs liegt direkt nebenan. Eine Stunde später beginnt dann der Unterricht. Jeden Tag habe ich mindestens 8 reguläre Stunden und danach sitze ich meistens bis um 18.00 Uhr im Klassenraum, um den nächsten Schultag vorzubereiten. Doch der Tag ist dann noch nicht vorbei – jeden Tag bekommen wir jede Menge Hausaufgaben auf, die ich dann am Abend mache. Das alles ist sehr anstrengend und ich bin oft sehr müde in der Schule.

In der ersten großen Pause am Montag findet immer der Fahnenappell statt. Alle 4.000 Schüler versammeln sich dann auf dem Schulhof und beobachten, wie eine neue Flagge gehisst wird. Währenddessen wird die chinesische Nationalhymne gespielt. Danach hält immer ein Schüler oder eine Schülerin eine Rede und spornt uns an fleißig zu lernen.

Meine Freunde beim Fahnenappell. Ziemlich schlecht gelaunt.

Das machen wir sowieso. Gute Noten sind sehr wichtig in China. Nach meinem Abschluss werden sie darüber entscheiden, ob und was ich studieren kann. Ich möchte gerne mal Ärztin werden oder vielleicht Diplomatin. Dann kann ich in viele andere Länder reisen und mein Land repräsentieren.

Bis dahin vergeht aber noch eine lange und anstrengende Zeit. Schließlich bin ich erst 14 und muss noch 4 Jahre zur Schule gehen. Übrigens hatte ich vor kurzem Geburtstag. Geboren wurde ich 1996, also im Jahr der Ratte. Ich mag Ratten – sind sie doch als ehrgeizig und ehrlich bekannt.

Ich verbringe also viel Zeit mit Lernen. Deshalb bin ich froh, dass wir nur zu viert sind in unserem Schlafsaal. Freunde von mir müssen sich ein Zimmer mit bis zu neun anderen Schülern teilen. Da ist es dann oft laut und man kann sich nicht konzentrieren. In unseren Zimmern müssen wir um halb neun sein und um elf geht das Licht aus. Ich habe aber eine Lampe mit Batterien, damit ich noch länger lesen kann. Besonders vor Prüfungen kann ich darauf nicht verzichten.

An allen Tagen außer Montag haben wir gemeinsam Sport in der ersten großen Pause. Wieder versammeln sich alle im Innenhof. Zu lauter Musik tanzen wir dann eine Choreographie. Es ist wichtig, die Schritte und Bewegungen gut zu können, denn unsere Sportlehrer beobachten uns und bewerten die Genauigkeit. Besonders Jungs können sich die Abläufe oft nicht merken. Dann müssen sie nachsitzen und so lange üben, bis alles sitzt.

Große Pause

Aber auch sonst ist Sport für mich sehr wichtig. Einmal im Halbjahr findet bei uns an der Schule ein Wettkampf statt. Alle Klassen treten gegeneinander an in Badminton, Fußball, Basketball und Tischtennis. Meine Lieblingssportart ist Volleyball und zusammen mit meinen Freundinnen trainiere ich täglich in der Mittagspause für das Turnier.

Zusammen mit meinen Freundinnen auf dem Schulhof

Wenn am Freitag die Schule aus ist und ich ganz müde nach Hause komme, habe ich trotzdem kaum Zeit für mich. Samstags und sonntags gehe ich in eine andere Schule und habe dort noch mal fünf Stunden am Tag. Meine Eltern bezahlen für den Unterricht. Das ist zwar ganz schön stressig und ich habe oft keine Lust, aber besonders in Englisch und Mathe helfen mir die Stunden sehr. In China ist das ganz normal – alle meine Freundinnen haben Extrastunden am Wochenende.

Am Sonntagabend bringen meine Eltern mich dann wieder zur Changchun Foreign Language School. Am Anfang hatte ich oft Heimweh aber mittlerweile freue ich mich auf meine Freunde. Wir sind gerne zusammen, lernen viel aber haben auch viel Spaß. Besonders beim Sport – schließlich wollen wir gemeinsam das Turnier gewinnen.

Im Moment ist Schule also mein Leben. Alles mach ich hier – schlafen, essen, lernen. Unser ausländischer Lehrer, dieser Yang oder so, hat gesagt, in Deutschland hat man immer schon um 14.00 Uhr frei. Oft wünsch ich mir das auch, besonders wenn ich nach der Mittagspause meine Augen kaum mehr aufhalten kann.

Ich frag mich nur, was macht ihr eigentlich dann den ganzen Nachmittag? Über Eure Antworten freue ich mich. Yang Laoshi sagt immer nur, er hätte viel 'rumgehangen' als Schüler. Was meint er?

unser Lehrer Yang oder so...




muerps am 09.Jun 10  |  Permalink
Natürlich gibt es immer welche, die nachmittags nur faulenzen, aber viele Schüler widmen sich ihren Hobbys oder auch (allerdings seltener) ehrenamtlicher Arbeit. Hausaufgaben muss man in Deutschland nachmittags auch machen, diese werden in den höheren Klassen immer aufwändiger.

Sport gibt es in der Schule nur als Schulsport, um die Schüler fit zu halten (in meiner Schulzeit waren das drei Stunden pro Woche). Es gibt zwar oft im Sommer einen Sporttag, an dem Wettkämpfe innerhalb der schule ausgetragen werden, aber meistens ist es an diesem Tag entweder ganz heiß oder es regnet ganz schlimm, weshalb nur die Sportskanonen mit Elan bei der Sache sind. Sport, der auf die Teilnahme am Wettkampf abzielt, wird nachmittags entweder von Sportvereinen angeboten oder manchmal auch als (freiwillige) Sport-AG in der Schule. Wie oft trainiert wird, hängt von der Sportart und dem Ehrgeiz des Sportlers ab. Andere Schüler sind nicht im Sportverein, sondern lernen ein Musikinstrument in der Musikschule (man kann nur in den wenigsten Schulen ein Instrument lernen, es gibt aber oft einen Schulchor). Meist finden die Übungsstunden einmal pro Woche statt, man muss aber noch zu Hause selber üben. Es gibt auch Musikschüler, die mehrere Insturmente lernen und entsprechend oft in die Musikschule gehen. Größere Schulen bieten Theater-AGs, Literatur-Kreise und andere künstlerische Aktivitäten an, alles auf freiwilliger Basis. In Deutschland gibt es außerdem viele Vereine, in denen auch Jugendliche mitmachen können, etwa die freiwillige Feuerwehr (die die Berufsfeuerwehr unterstützt) oder Karnevalsvereine.

Nachhilfe nehmen nur die unterdurchschnittlichen Schüler. Wenn man allerdings etwas Künstlerisches studieren will, ist es von Vorteil, wenn man vorher an einer Musikschule (für die Musikhochschule) oder in einer AG in der Schule war, die schon etwas mit dem Studiengang zu tun hatte (für z.B. Theaterwissenschaften und Kunstwissenschaften).

Einen Fahnenapell gibt es in Deutschland nicht, allerdings gab es ihn in der DDR. Massenchoerographien gibt es in deutschen Schulen nicht, selbst in der DDR konnten sie sich nicht durchsetzen, da man in Deutschland eine starke Abneigung dagegen entwickelt hat. Internate sind selten, stattdessen gibt es mindestens in der Kreisstadt, oft aber in mehreren Städten im Kreis, ein Gymnasium, das zum Abitur führt und für die auswärtigen Schüler mit dem Schulbus erreichbar ist. Für die Schüler, die das Abitur nicht machen wollen, gibt es selbst in kleineren Städten andere weiterführende Schulen. Soweit ich weiß, gibt es in Internaten entweder Zweierzimmer oder Wohngruppen, in denen die Schüler sich gemeinsam um den Haushalt kümmern müssen. Diese Wohnform ist besonders beliebt in Schulen für Behinderte, damit diese frühzeitig das Führen eines eigenen Haushaltes lernen (viele Behinderte können allerdings in normale Schulen gehen).

Die Schule fängt übrigens je nach Gegend zwischen 7 oder 8 Uhr an (tendentiell geht die Schule auf dem Gebiet der ehemaligen DDR eher los als in den alten Bundesländern). Grundschüler in der 1. oder 2. Klasse haben an manchen Wochentagen schon mittags frei. Später hat man immer länger Schule. In den letzten zwei oder drei Schuljahren kann man bis um drei oder um vier Uhr nachmittags Schule haben (dann hat man allerdings durch das Kurssystem dazwischen manchmal eine Freistunde). Wer kann, meidet das Schulessen (es sättigt zwar, aber schmeckt meistens nicht) und bringt sich Stullen mit, fährt zum Mittagessen nach Hause (wenn man über Mittag eine Freistunde hat) oder geht zum nächsten Dönerstand oder in Gaststätten, die Essen zum Mitnehmen anbieten. Die Mittagspause ist oft eine halbe Stunde lang. Die Schüler, die nicht essen gehen, müssen während der Mittagspause auf den Schulhof an die frische Luft. Davor gibt es am Vormittag eine Frühstückspause, die in meiner Schule 20 Minuten lang war.

Da in Deutschland die Bundesländer über das Schulsystem bestimmen, gibt es manche Unterschiede zwischen den Bundesländern. Beispielsweise sind die Lehrpläne unterschiedlich und manche Länder haben zentrale Abschlussprüfungen, während die Abschlussprüfungen in anderen Bundesländern von den Lehrern an der schule vorbereitet werden. Diese Unterschiede machen sich manchmal an der Uni im ersten Semester bemerkbar, aber sie sind natürlich lange nicht so groß, wie die Unterschied zwischen Deutschland und China.

lebemann g am 10.Jun 10  |  Permalink
Sehr geehrter Herr Kammann,

wie Ihnen sicher bekannt ist, ist Kinderarbeit in Deutschland nach § 4 KJBG verboten.
Wir fordern sie daher auf, Ihre Texte weiterhin selbstständig zu verfassen.

Unangekündigte Kontrollen Ihres Blogs sowie weitere Konsequenzen behalten wir uns vor.

mfG,
lebemann g
Amt für öffentliche Ordnung - Hansestadt Hamburg - Behörde für Inneres

jan kammann am 11.Jun 10  |  Permalink
Lieber Herr Lebemann,
gerade Sie als Angestellter im Amt für öffentliche Ordnung sollten sich bewusst werden über die Vorzüge außerschulischer Beschäftigung . Schulhofkonflikte rütlischer Ausmaße lassen sich leicht vermeiden mit Sommerferien im Steinbruch oder regelmäßigen Ausflügen in ein Bergwerk. Da sie als Hansestadt Hamburg aber wohl eher exportorientiert arbeiten, hätten doch sicher auch Internate mit angegliederten Sweatshops ihre Vorzüge...? Die Möglichkeiten sind grenzenlos.

Nach meiner Rückkehr stehe ich Ihnen gerne als Consultant zu Verfügung.

nicolas7c am 22.Mär 11  |  Permalink
Sehr geehrter Herr Lebemann,
man kann als Minderjähriger sehr wohl einer Arbeit nachgehen. Ich selber teile nun schon seit ca. 2 Monaten Zeitungen aus und mir hat das auch noch niemand verboten. Man darf also arbeiten, es darf nur nicht eine bestimmte Zeitgrenze überschreiten.