Elterngeld mal anders
Fast alle Kinder in der Changchun Foreign Language School sind Einzelkinder. 'Habt ihr Geschwister’? 'No Teacher! Mei You Bruder oder Schwester!'.

Die Ein-Kind-Politik hat zweierlei zur Folge: Zum einen stehen die Schüler dadurch unter noch höherem Druck: Zusätzlich zur totalen Schule, werden sie von ihren Eltern auch in der spärlichen Freizeit zum permanenten Lernen angetrieben - schließlich lastet auf ihren Schultern der Druck die einzigen Ernährer der Zukunft zu sein.
Zum anderen werden sie aber auch total verwöhnt. Die Wendung 'Kleine Kaiser' kommt wohl nicht von ungefähr. Sonntags ist der Tag der Familienausflüge. Offenbar ist Einkaufen eine besonders beliebte Unternehmung. In den großen Supermärkten kann man dann überall propere Kinder beobachten, die betüdelt und umringt von Mama, Papa, Oma und Opa, die Einkaufswagen voll machen. Danach geht's dann zu KFC oder McDonlald's den Bauch voll machen.

Wie aber schafft man es, ein so großes Volk dazu zu bringen, nur ein Kind pro Familie zu haben? Ich habe Seagull gefragt. Sie hat sogar eine kleine Schwester. Ich war verblüfft. Die hat ihrer Familie allerdings Geld gekostet – auf Zweitgeborene wird eine Strafe, ein Kindergeld sozusagen, verhängt. Auf Wunsch gibt es im China des Aufschwungs also für etwas besser situierte Familien die Möglichkeit, die 1-Kind-Regelung zu umschiffen. Seit einiger Zeit dürfen auch Eltern, die ihrerseits beide Einzelkinder sind, 2 Kinder bekommen. Ansonsten wird die Familie zu klein und die Versorgung der Alten ist gefährdet.

Trotzdem sind Geschwister in den Städten noch die Ausnahme. Auf dem Land ist ein zweites Kind erlaubt, wenn das erste ein Mädchen oder behindert ist. Hier folgt man dieser Logik: Ein Mädchen kann nicht so gut auf den Feldern arbeiten, außerdem wird sie irgendwann heiraten, wegziehen und eine andere Familie umsorgen – deshalb muss unbedingt ein Junge her. Die Kombination Mädchen-Junge oder auch Mädchen-Mädchen-Junge ist deshalb relativ häufig. Noch vor Jahren durften auch Landbewohner nur ein Kind haben - das führte dann aber zu hohen Abtreibungsraten und sogar Kindstötungen. Grauenhaft. Besonders um Abtreibungen zu verhindern, ist es verboten, das Geschlecht des Kindes vor der Geburt festzustellen. Außerdem fühlt der Staat sich veranlasst, den öffentlichen Raum auf dem Land mit Propagandabannern mit Slogans wie ‚Mädchen sind auch gute Kinder’ und ‚Es ist verboten Mädchen zu diskriminieren’ zu plakatieren.

Die städtische Bevölkerung wird von der Propaganda angehalten ‚Spät zu heiraten und spät Kinder zu bekommen’. In Deutschland muss man uns das ja nicht extra sagen. Sind wir nicht genau deshalb sogar auf einem absteigenden Ast und sterben bald aus? Dass die Chinesen aussterben, will das Familienplanungsministerium ganz sicher nicht erreichen. Nur dass sich die Bevölkerung nicht allzu schnell wächst.

Ich finde das alles relativ unheimlich und auch unübersichtlich – wenn man aber drauf achtet, ist die Familienplanung allgegenwärtig. Am deutlichsten sichtbar für mich natürlich in der Schule. Aber auch sonst: In Drogerien, Supermärkten und Apotheken werden Kondome unter der Rubrik ‚Family Planning’ feilgeboten, Sterilisationskliniken werben auf Bussen und Häuserwänden. Angeblich wird die Sterilisation des Mannes nach einmaliger Vaterschaft sogar vom Staat bezuschusst. Ein-Kind-Familien erhalten längere Elternzeit und andere finanziellen Vorteile. China stellt sogar ein ‚Ehrenzertifikat für Eltern EINES Kindes’ aus – es ist ein patriotischer Akt eine Ein-Kind-Familie zu haben. Ursula von der Leyen hätte hier auf jeden Fall keine Chance auf das Amt der Familienministerin. l




henninger am 12.Nov 09  |  Permalink
Alice Schwarzer..
..bitte kommen! Das rote Telefon auf ihrer Schreibtischin glüht und Präsident Hu kriegt den Einlauf seines Lebens.
Zwangslieferungen der "Emma" sind bereits unterwegs und werden über China abgeworfen.
A propos: Als Englischlehrer Yang Laoshi kannst Du übrigens morgen mit dem von Otto Waalkes persönlich transskriptierten Evergreen "This is Alice Schwarzer - Das sind alles Neger" auftrumpfen. Auch gut : "Hands Up! - Hände ab!"

Naja...wie isses denn mit außerehelichen Kindern mit Langnasen-Einschlag? Wer weiß, wieviele propere Neffen und Nichten ich mittlerweile habe.
Die Alimente zahlste dann aber schön aus eigener Tasche.
Zum Thema Kondom-Platzierung:
In Deutschland geht man mittlerweile dazu über, Kondome bei Babynahrung und Quengelware zu platzieren.
Meine Meinung: Da isses nur leider schon zu spät und das Kind bereits in den Brunnen (in desn Dispo) gefallen: "Ach Mist! Hätten die Supermarkt-Fritzen die Dinger mal lieber bei dem billigen Fusel und Karnevalszubehör platziert!"


Aller Heiterkeit zum Trotz, ist die Stimmung hier wirklich beschissen. Bin schockiert und erschüttert. Registriert man das auch in China?

Cheers

Henning

jan kammann am 12.Nov 09  |  Permalink
in der Schule...
ist von einer Ungleichbehandlung der Geschlechter aber nichts zu spüren. Eher haben die Mädchen die Hosen an und die Jungs gucken doof aus der Wäsche. Pubertierende Mädchen sind einfach nicht ganz so dämlich wie pubertierende Jungs - noch dazu sind auch in chinesischen Städten mehr so die Sofskills gefragt....

und das andere - mega traurig das Ganze und kaum zu fassen ...lässt sich nichts zu sagen und schon gar nicht lässt es sich mal eben wegscherzen.

Trotzdem: Kopf oben halten, bis bald bru