Der Boss
Da ich im Moment also viel Freizeit habe, kann ich mir auch durchaus mal die Nächte um die Ohren schlagen. Letzten Mittwoch war ich mit ein paar neuen Foreigner-Bekanntschaften essen und trinken, rauchen, trinken und essen und rauchen. Muss auch mal sein.

Nach einigen Läden sind wir in einer grell beleucheteten Imbiss-Kneipe gelandet. Das ist gut, sagen meine Begleiter. Je heller der Laden, desto sauberer die Küche. Durch die Beleuchtung will man zeigen, dass man nichts zu verbergen hat. Macht irgendwie Sinn, ist aber schlecht für die Augen.

In der Mitte des Ladens sitzt ein unfassbar dicker Typ mit nacktem Oberkörper. Eine ganze Meute dünnerer Leute umringt ihn. Andere schaffen Speis und Trank herbei. Mit einer Armbewegung ähnlich der eines sizilianischen Paten winkt er sich zu uns herüber. Zu diesem Zeitpunkt waren wir nur noch zu zweit und passten bequem mit an seinen Tisch. Einer der anwesenden Dünnen kann Englisch. Er sagt, dass der Dicke der Boss sei. Er bestellt Bier und Baijiu, chinesischen Schnaps, und beordert uns mit ihm zu trinken. Alles klar Boss, dann mal her mit dem Zeug. Fühlt sich an, als würde man von innen verprügelt. Aber dem Boss schlägt man nichts ab.

Das alles dauert dann ein paar Runden und ich kann kaum noch stehen. Aber der Boss hat noch lange nicht genug. Nun lässt er seinen Wagen vorfahren. Die ganze Menge steht auf dem Parkplatz als der Boss den Motor seines VW aufheulen lässt. Das Modell hab ich vergessen. Auf jeden Fall eine lange Limousine. Dann kann ich mich erinnern, dass ich zusammen mit Clint (mein Foreigner-Freund) auf die Rückbank geschoben werde und wir losfahren. Der Boss persönlich sitzt am Steuer. Außerdem weiß ich noch, dass es im Innern des Wagens blinkt und leuchtet wie in einer billigen Tanzhalle.

Irgendwann kommen wir bei einer anderen Kneipe an, deren Besitzer ganz offenbar der Boss ist. Eigentlich ist gar nicht mehr geöffnet, trotzdem beordert er seine Leute die Musik anzumachen und Baijiu, Zigaretten und Snacks aufzutischen. Dann setzt er sich zusammen mit seinem engsten Vertrauten zu uns an den Tisch und wir trinken zusammen. Im Baijiu-Rausch ist es egal, ob man sich unterhalten kann oder nicht. Lachen und Grölen ist universell. An viel mehr kann ich aber auch nicht erinnern. Clint geht es genauso.

Am Tag darauf klingelt ständig mein Telefon - es ist der Boss. Er will trinken, ich nicht. Ich glaube, er ist es nicht gewohnt, wenn man ihm absagt. Das Handy klingelt alle paar Minuten mit einer derartigen Penetranz, dass ich es irgendwann ausmachen muss. Schon alleine wegen der Kopfschmerzen. Als ich es wieder anmache, gehen direkt einige SMS ein. Alle vom Boss und seinem Vertrauten. Sie beordern uns in seinen Laden. Heute nicht, vielleicht am Wochenende, schreibe ich zurück.




monty freeman am 19.Sep 09  |  Permalink
Jan, don't f**k with the Boss!!! Hast Du nicht "Der Pate" oder "Scarface" gesehen? Wenn der Don anruft, sprich' mit dem Don. Wenn der Don Deine Gesellschaft wünscht, gehe zu ihm.

Du bewegst Dich auf dünnem Eis!

...und Dein Blog wird immer besser, ich bin Riesenfan! Würd's das als Buch geben - ich würde es kaufen. Also geh' mal schön klingeln bei Spiegel & Co, oder bei

http://www.dumont-buchverlag.de

Zu denen passt Dein Style super :)

Immer schön weiterschreiben, Bru!
Malte