...nu aber los
Nach einem endlosen Vorlauf mit Ärztehopping, Stunden angucken und Probestunden geben, ist jetzt alles klar - ab dem 12.10. werde ich ein vollwertiges Mitglied der Changchun Foreign Language School sein. Den Stundenplan kann ich zwar nicht lesen aber er besagt, dass ich 21 Stunden Englisch in der Woche geben werde. In 21 unterschiedlichen Klassen. Öfter mal was anderes - anderseits wird es daruf hinauslaufen, 21-mal dasselbe zu erzählen.
Bis dahin kann ich entweder weiterhin Probestunden geben, mich in meinem neuen Büro (!) rumlümmeln und weiterhin Chinesischstunden nehmen, oder ich mache mich auf, das Land zu erkunden.

Schon allein um mal für ein paar Tage dem Smog und dem Lärm in Changchun zu entkommen mache ich letzeres. Das stößt bei meinen chinesischen Kollegen und Bekannten auf Unverständnis. 'Why don't you relax?' höre ich allenthalben und 'wait for National Holidays and join a tour.' Konzepte wie 'Der Weg ist das Ziel' oder 'einfach mal treiben lassen', sind den Chinesen völlig fremd. Ihnen ist es am liebsten, sie besteigen zusammen mit einer Reisegruppe einen Bus, fahren auf dem schnellstem Wege zur gewünschten Sehenswürdigkeit, machen ein Foto für die lieben Daheimgebliebenen und dann nichts wie zurück nach Hause. Individualtourismus gibt es noch nicht. Die Lonely-Planetisierung Chinas hat noch nicht begonnen. Kommt aber bestimmt noch.

Ich allerdings habe mir vorgenommen, die nächsten 3 Wochen mit möglichst viel Abenteuer anzufüllen. Mein erstes Ziel ist der Chang Bai Shan. Der 'lange weiße Berg' befindet sich in Chinas größtem Naturschutzgebiet. Er ist ausgestattet mit einem 'Himmlischen See', der direkt auf der nordkoreanisch-chinesischen Grenze liegt. Klingt schonmal vielversprechend. Bei gutem Wetter kann man einen Blick auf einen der letzten wahren Schurkenstaaten werfen.

Jedoch ist es nicht ganz so einfach das Ganze zu planen, wenn selbst so alltägliche Dinge wie ein Zugticket kaufen zu einer echten Herausforderung werden. In den letzten zwei Tagen habe ich mehrfach versucht, eine einfache Fahrt nach Baihe für den kommenden Montag zu erstehen. Das ist der Ort, aus dem man zum Chang Bai Shan aufbricht. Bisher habe ich allerdings nur irritierte Blicke geerntet. 'Warum fahren sie denn nicht zusammen mit einer Reisegruppe?' Eigentlich eine berechtigte Frage. Im Grunde möchte ich nicht in einen Bus gesetzt werden und den Ausflug nur über mich ergehen lassen. Ohne die Möglichkeit selbst zu bestimmen, wann ich wo hin möchte. Das zu erklären, ist aber ein Ding der Unmöglichkeit.

'Wir können ihnen keine Tickets nach Baihe verkaufen.' 'Ach, und wieso nicht?', 'Sie können ja nach Yanji fahren. Das ist in der Nähe und auch schön.' 'Nein, ich will aber nach Baihe.', 'Das geht nicht, da müssen sie direkt zum Bahnhof gehen.' Für diese Information saß ich eine geschlagene Stunde in einem Reisebüro. Zwischendurch haben sich bis zu 5 Mitarbeiterinnen mit meiner scheinbar absurden Anfrage beschäftigt.

Ich weiß ja schon, dass es einen Zug nach Baihe gibt. Sogar wann er abfährt und wie lange die Fahrt dauert. Ich weiß auch, dass das alles kein Problem ist. In Baihe gibt es Hostels, die sogar Fahrten mit Jeeps zum Himmlischen See anbieten. Diese Information habe ich von anderen W(r)estlern und, natürlich, aus dem Lonely Palnet. Ich wollte nur vermeiden, mich am ständig total überfüllten Bahnhof um ein Ticket kümmern zu müssen. Das musste ich schon, als ich eine Fahrt nach Peking gebucht habe. Hat 3 Stunden gedauert. Entsetzlich, aber es wird mir nicht erspart bleiben. Sagte ich nicht gerade, der Weg ist das Ziel?